Der therapeutische Prozess (Rabenstein)

Rafael Rabenstein

rafael@rabenstein.net

Das wohl bekannteste und gängigste Modell des therapeutischen Prozesses ist von Kanfer et al 1996, „7-Phasen“ Modell. Dieses Modell ist ähnlich dem Problemlöseprozess von D´Zurilla und Goldfried bzw. dem Prozessmodell von Bartling (Bartling et al., 2004).

Abbildung 24: Prozessmodelle des Problemlösens (Kanfer et al., 1996; Bartling et al., 2004)

Phase 1 Eingangsphase: Schaffung günstiger Ausgangsbedingungen

Ziel der ersten Phase ist der Aufbau einer tragfähigen und kooperativen therapeutischen Beziehung /Allianz herzustellen.  Neben diesen Beziehungsaspekten dient diese Phase auch der Informationssammlung und dem klären der Rahmenbedingungen.

Zu klären ist der Grund für die Kontaktaufnahme, Fragen zur aktuellen Problemlage, den Zuweisungskontext und erste Anamnestische Daten. Auch die Ziele des Patienten sollen hier Raum finden, auch um zu klären ob ein Arbeitsbündnis Sinn macht und möglich ist.  Ob die formulierten Ziele für den Patienten erreichbar sind und für die eigenen Bedürfnisse zielführend wird sich erst im weiteren Verlauf zeigen können.

Ebenso ist es wichtig zu Beginn Erwartungen, Sorgen und etwaige Ängste in Bezug auf Psychotherapie zu besprechen, um Hürden abzubauen.

Ein weiterer nicht zu unterschätzender Aspekt ist die aktuelle Psychopathologie. Akute Suizidalität, desorganisiertes Denken, Intoxikation sind nur einige krisenhaften Zustände, die ein sofortiges Intervenieren erfordern.

Wichtige Punkte in Phase I/Erstgespräch:

  • Zuweisungskontext
  • Rahmenbedingungen
  • Aktuelle Probleme
  • Ziele
  • Erwartungen an die Therapie
  • Psychopathologie
  • Anamnese

Phase 2 Aufbau von Änderungsmotivation und Auswahl therapeutischer Ansatzpunkte

Ziel dieser Phase besteht daran den Patienten zur Änderung zu motivieren. Den Abbau von Sorgen Ängsten und Befürchtungen. Motivationsfördernde Strategien sind hier im Mittelpunkt. Hierbei kann auf die motivierende und motivorientierte Beziehungsgestaltung zurückgegriffen werden.  Die Auswahl der Ansatzpunkte ist im Einvernehmen mit den Patienten zu treffen. Sobald diese getroffen ist geht es in die nächste Phase. Allerdings ist der Aufbau von Änderungsmotivation in allen Phasen eine wichtige Aufgabe.

Phase 3 Problemanalyse, Verhaltensanalyse und Bedingungsmodell

Diese Phase beinhaltet die horizontale und vertikale Verhaltensanalyse. Also die Mikro- und Makroanalyse. Das Bedingungsmodell sollte je nach Patient individuell erstellt werden und störungsspezifische Elemente angepasst und integriert werden. Das Bedingungsmodell ist dann abgeschlossen, wenn für Patient und Therapeut die genese der Problemlage und eine etwaige Lösung erkennbar und nachvollziehbar wird. Ebenso ist es wichtig Ressourcen und funktionale Bewältigungsstrategien zu würdigen und zu berücksichtigen.

Phase 4 Zielklärung und -analyse

Ausgehend vom Bedingungsmodell und zuvor genannten Zielen für die Therapie steht in dieser Phase die Konkretisierung von Zielen im Mittelpunkt. Wichtig dabei ist Konflikte zwischen Plänen und Regeln zu berücksichtigen und etwaige Zielkonflikte im Sinne von Annäherungs- und Vermeidungszielen zu erfassen. Auch die Funktionalität des bestehenden Verhaltes ist spätestens hier kritisch zu reflektieren und eine Kosten/Nutzenanalyse welche Veränderungen eine Bearbeitung von Zielen mit sich bringen können.

Phase 5 Interventionsphase

In der Phase 5 wird die Planung, Auswahl und Durchführung be­stimmter Interventionen erarbeitet. Die Auswahl erfolgt nach Überlegungen mit den Patienten. Zu Beginn sollten „Targets“ bearbeitet werden, die einen Erfolg für den Patienten ermöglichen. Wichtig ist immer die individuellen Ziele und Probleme zu berücksichtigen und nicht alleine störungsspezifische Interventionen anzubieten. Verhaltenstherapie ist immer eine personalisierte und evidenzbasierte Behandlung.

Phase 6 Evaluation

Die Überprüfung der gesetzten Interventionen kann zu einem Abschluss, einer Anpassung oder Adaptierung des Vorgehens führen. Dies kann anhand einer Zielerreichungsskala, durch Zusammenfassung es Erreichten oder mittels therapiebegleitender Diagnostik erfolgen. Ist ein Ziel erreicht kann ein weiteres Ziel in den Mittelpunkt rücken, oder die Zielerreichung ist für den Patienten stimmig.

Phase 7 Endphase

Diese Phase kann je nach Länge der Therapie und den individuellen Merkmalen der Patienten länger oder kürzer sein. Wichtig ist dafür zu sorgen, dass im Rahmen der Rückfallprophylaxe klare Notfallpläne erarbeitet wurden. Neben diesen eher technischen Aspekten ist vor allem bei Menschen mit unsicherem Bindungsstil aber das Ende der therapeutischen Beziehung die größte Hürde. Hier gilt es den Abschied in einer angemessenen Zeit zu planen und auf Schwierigkeiten einzugehen. Booster-Sitzungen können dabei helfen Erfolge zu stabilisieren aber auch um den Abschied leichter zu machen. Es macht auch durchaus Sinn Katamnesen zu erheben einerseits um die Stabilität des Erreichten zu überprüfen, aber auch Patienten ein Beziehungsangebot für neue Krisen zu eröffnen.

Zusammenfassung

Die angeführten Phasen laufen selten bis kaum linear ab. Ein dynamisches und flexibles Vorgehen ist notwendig um Schwierigkeiten, Ängste aber auch Veränderung in der Lebenswelt der Patienten zu berücksichtigen.

Literatur:

Bartling, G., Echelmeyer, L., Engberding, M. & Krause, R (2004). Problemanalyse im therapeutischen Prozeß, 5. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer.

D´Zurilla TJ, Nezu AM (2010). Problem-solving therapy. In Dobson KS (Hrsg.). Handbook of Cognitive-behavioral Therapies. S. 197-225, New York: Guilford.

Kanfer FH, Reinecker H, Schmelzer D (1996). Selbstmanagement-Therapie. Berlin: Springer.